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Die Gesichter hinter den Berufen

"Das kurzfristige Renditedenken in Wirtschaft und Politik macht sehr viel kaputt." 

Sebastian Bosson arbeitete als Englisch-Lehrer in Südamerika und als Winzer und Önologe in der Westschweiz. Heute sorgt er dafür, dass bei der Realisierung eines Surf- und Freizeit-Park-Projekts Nachhaltigkeitsüberlegungen eine Rolle spielen. 

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Sebastian Bosson in seinem Reisebüro in Zürich. (Bild: Michael Heger)

 

Herr Bosson, was machen Sie beruflich? 
Ich arbeite an einem Projekt namens „Wave Up Surf und Freizeitpark“ in Regensdorf, das wir bis 2023 realisieren wollen. Es geht um einen Wellenreitpark mit Boulderwänden, Skate-park, Beachvolleyball-Feld, Garten, Naturbad etc. Aus diesem Projekt entstand auch eine Marketing-Firma. Da bin ich Teil der Geschäftsleitung. Daneben haben wir auch noch das Reisebüro „Sundden Rush“ gegründet. Es ist auf Wellenreiten spezialisiert. Auch da bin ich Teil der Geschäftsleitung.

 

Hatten Sie als Kind einen Traumberuf?
In der Primarschule wollte ich einmal Sportlehrer werden. 

 

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Hätte man mir vor 10 Jahren gesagt, was ich heute mache, hätte ich es nicht geglaubt. Ich wollte immer im Sport bleiben. Ursprünglich haben wir einen Verein gegründet, um unsere Passion für das Surfen auszuleben. Der monetäre Aspekt stand nie im Vordergrund. 
Nach der Sekundarschule habe ich eine Lehre als Detailhandelsangestellter in einem aufs Windsurfen und Snowboarden spezialisierten Sportgeschäft absolviert. Es folgte die die Berufsmatura und ein Wirtschaft-Studium, wo ich mich jedoch nicht wirklich mit der Materie identifizieren konnte. So brach ich das Studium ab. Nach einer Surf-Auszeit arbeitete ich für drei Jahre in der Sportbranche im Kundenservice und im Marketingbereich und besuchte parallel dazu verschiedene Weiterbildungen. Es folgte eine halbjährige Reise durch Südamerika, wo ich auch einen Volontär-Einsatz an einer Schule leistete. Ich lehrte den Kindern Englisch, Schwimmen und Ökologie. Aus dieser Erfahrung entstand der Wunsch nach einer sinnvollen Tätigkeit. Als nächstes entschied ich mich für ein Praktikum als Winzer und Önologe in der Westschweiz. Wave Up lief währenddessen bereits auf freiwilliger Basis. An einem gewissen Punkt angelangt, mussten wir uns entscheiden, ob wir unsere ganze Energie und Arbeitstätigkeit in dieses Projekt reinstecken wollen oder es fallen lassen. Ich entschied mich für das Projekt. Da mir eine nachhaltige Umsetzung des Projekts sehr wichtig war, entschied ich mich, bei Sumas (Sustainability Management School) einen Bachelor zu absolvieren, um Nachhaltigkeits-Know-How in Wave Up einbringen zu können.

 

Was denken Sie, war schlussendlich ausschlaggebend für Ihren Werdegang? 
Ich finde, solange man nicht weiss, was man beruflich machen will, sollte man so viel ausprobieren wie möglich. Man sollte so oft aus seiner Komfort-Zone ausbrechen wie möglich, denn jede Erfahrung lernt einen unglaublich viel. So zum Beispiel das Wellenreiten. Man ist sehr nah an der Natur dran und sieht wie viel Plastik überall rumliegt. Als Schweizer Surfer muss man natürlich ins Ausland reisen, um den Sport ausüben zu können. Dabei habe ich viele verschiedene Kulturen kennengelernt, die mit dem Thema Ökologie ganz unterschiedlich umgehen. Ein wohlhabendes Land wie Schweiz kann es sich leisten, sich um Nachhaltigkeit und Ökologie zu kümmern, andere Länder haben mit anderen Problemen zu kämpfen, da spielt die Umwelt noch eine untergeordnete Rolle. 
Eine interessante Erfahrung für mich war mein Aufenthalt in Bali. Der Tourismus generiert in diesem Land einen grossen Teil des Einkommens. Bali sieht sich deshalb gezwungen, die Strände sauber zu halten und die Korallenriffe zu schützen. Tun sie das nicht, bleiben die Touristen weg. 

 

Wie sieht ein durchschnittlicher Tag in Ihrem Berufsleben aus?
Meine Tage sind kunterbunt. Zum einen bestehen sie aus verschiedenen Meetings mit Fachplanern, Architekten, Gemeinden und Wasserplanern. Dann stehen viele Büroarbeiten an. Hier geht es beispielsweise um die Strategieplanung, Liquiditätsthemen oder Geschäftstermine mit Reisepartnern. Am Abend kommt oft noch eine Besprechung mit den Vereinsmitgliedern dazu.

Und in welcher Hinsicht spielt dabei das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle?
Ich habe in meiner Ausbildung erkannt, dass in der Geschäftswelt wenig getan wird, wenn Nachhaltigkeitsmassnahmen nicht auch kostensenkend sind. Nun bin ich selbst Geschäftsführer eines Reisebusiness. Da gehört das Fliegen natürlich dazu. Unsere Aufgabe ist es in diesem Fall herauszufinden, wie man als Reisebüro zu diesem Thema Position beziehen will und wie das Reisen einen positiven ökologischen und ökonomischen Impact mit sich bringen kann.
Zwei konkrete Beispiele: Wir machen Mitarbeiter-Challenges, bei denen sich jeden Monat ein Mitarbeitender eine ökologische Massnahme überlegen und diese durchführen muss. 
Ausserdem arbeiten wir mit zwei NGOs zusammen. Die Kunden können ihre Flüge bei uns kompensieren. Das Geld geht dann direkt an NGOs, welche es für verschiedene Projekte einsetzen; Essen an Bedürftige abgeben, Beach Cleanings durchführen etc.

Was ist das Schwierigste an Ihrer Arbeit? 
Für ein kleines Start Up innerhalb einer Nischensportart ist es schwierig, sich auf dem Markt zu positionieren. Das braucht Ausdauer und Durchhaltewillen.

Auf welche Tools können Sie im Berufsalltag nicht verzichten?
In erster Linie digitale Tools wie Dropbox, Excel oder auch Google Docs – also Tools die einen gemeinsam an Sachen arbeiten lassen. Papier ist (leider) trotzdem immer noch wichtig, um Ziele oder Baustellen aufzuzeichnen und zu visualisieren. Die Website ist natürlich auch ein ganz wichtiges Tool für alle Projekte.

 

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Sebastian Bossons Berufsalltag ist kunterbunt. (Bild: Michael Heger)

 

Wo holen Sie sich Motivation und Inspiration für Ihre Arbeit?
Durch viele Gespräche mit anderen Menschen. Im Arbeitsalltag befinden wir uns oft in einer Blase und sehen nur noch die Schwierigkeiten. Da läuft man schon Gefahr zu vergessen, wie viel man bereits erreicht hat. Bei einem Event o.ä. tut es gut, wenn man auch positives Feedback von aussen bekommt. Die kleinen Erfolge waren sehr wichtig, um nicht aufzugeben, wenn wir vor grossen Hindernissen standen. Eine grosse Motivation ist auch die Arbeit in der Gruppe. Wir unterstützen uns gegenseitig und motivieren einander. Ein weiterer wichtiger «Driver» ist, dass unsere Motivation nicht aus dem Monetären kommt, sondern aus der Leidenschaft für das Projekt, für den Surfsport.

Aus welchen Quellen im Internet informieren Sie sich zum Thema Umwelt?
Es gibt bei Netflix sehr viele gute Dokumentar-Filme. „Chasing Coral“ habe ich mir gerade zum vierten mal angeschaut. Ausserdem empfehle ich sämtliche Staffeln von Planet Earth von David Attenborough. Dann die Webseiten von WWF, Greenpeace und Ocean Care. Auch die Web-Plattform des „Guardian" besuche ich oft. Die haben eine riesige Rubrik zu Umweltthemen und machen hervorragende Recherchen. Ich vernetze mich auch auf Instagram und Linkedin, damit ich dort zu Informationen komme. Die B-Corporation behalte ich ebenfalls im Auge. Das ist ein Fahrplan und Zertifikat für nachhaltige Firmen. Der Fokus bei B-Corp darauf, beim Aufbau einer rentablen Firma auch der Umwelt und der Gesellschaft etwas zurück zu geben. 

Welche Trends werden Ihre Branche in naher Zukunft am meisten beeinflussen?
Die Digitalisierung. Alle Destinationen, die wir bei uns im Reisebüro vermitteln, kennen wir persönlich. Ein Algorithmus liest sich einfach nach bestimmten Kriterien etwas aus, ohne das dahinter eine Recherche steckt. Das Digitale kann auch zu Druck und Überforderung führen. Man sieht konstant auf Instagram, wer alles wohin reist und welchen Aktivitäten nachgeht. Sich davon auszuklinken und sich zu erholen, ist genau das, was wir mit unserem Freizeitpark erreichen wollen.

Mit welcher Person würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?
Mit Jim Jannard, dem Firmengründer von Oakley. Der ist zwar keine Koryphäe in der Nachhaltigkeit, aber ich möchte mich gerne mit ihm darüber unterhalten, wie er auf seine Innovationen kommt und es schafft, diese an der Spitze des Marktes zu positionieren. 
Eine andere Persönlichkeit, mit der ich gerne zusammenarbeiten würde, ist Yvon Chouinard. Ich möchte wissen, wie er es geschafft hat, so viele Menschen für seine Passion für die Umwelt zu begeistern und dazu auch noch ein erfolgreiches Business aufzuziehen. Mit ihm würde ich sehr gerne wandern oder klettern gehen. 
Und dann ist da noch Simon Sinek, ein begabter Redner und Autor. Vom menschlichen Aspekt her ist er eine grosse Inspirationsquelle für mich. Wenn man gerade nicht mehr weiter weiss, liefert er gute Inputs, wo man weiter an sich arbeiten kann. 

Gibt es ein Buch, das Sie Menschen ans Herz legen möchten, die sich für Nachhaltigkeit interessieren? 
Da kommt mir „Growing a Business“ von Paul Hawken in den Sinn. Der Amerikaner importierte qualitativ hochwertige Gartengeräte aus England und hat damit ein nachhaltiges Business aufgebaut. Ein weiteres interessantes Buch heisst „Doughnut Economics“ von Kate Raworth. Es zeigt auf, dass wir aufhören müssen mit dem ungebremsten Wachstum der Wirtschaft. Wir sollten erkennen, dass es reicht, wenn eine Firma eine für sie gesunde Grösse erreicht hat, die niemandem schadet. Das kurzfristige Renditedenken in Wirtschaft und Politik macht sehr viel kaputt. 

Weiterführende Links:

Sustainability Management School Sumas 

 

Lesetipps:

Growing a Business

Doughnut Economics

The Guardian


Filmtipp:

Chasing Coral

Planet Earth

 

Genannte Akteure und Organisationen:

B-Corp

WWF

Greenpeace

Ocean Care

Wave Up Surf und Freizeitpark

Reisebüro Sudden Rush

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